„Manche nennen es Quarantäne. Wir nennen es Retreat.“ Als die ersten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auch bei mir zu spüren waren, las ich das. Mittlerweile geht mir dieser Satz häufiger im Kopf herum. Es stimmt schon: Es liegt zum nicht geringen Teil an uns selbst, wie wir mit Herausforderungen umgehen. Auf die Frage, ob das Glas nun halb voll oder halb leer ist, antwortet der kleine Satz im ersteren Sinn.
Damit mich niemand missversteht: Was zur Zeit global und bei uns geschieht, ist ohne Beispiel. Niemand kann zur Zeit die Auswirkungen für unsere Zukunft benennen. Sicherlich wird es manchen Menschen nach der Pandemie schlechter gehen als vorher. Für unsere momentane Situation mag der kleine Satz aber hilfreich sein. Vielleicht haben ja Sie in dieser Krise ja auch schon Zeit gefunden für so manch ein Projekt, wozu Ihnen vorher die Zeit fehlte - wie Keller aufräumen, Bücherregal ausmisten, Fahrrad reparieren usw. Mit einem Garten haben Sie in diesen Wochen sowieso zu tun.
„Retreat“ bedeutet „Rückzug, Zufluchtsort“. Da geht es um „Urlaub für Körper, Geist und Seele“. Genauso, wie wir das ein oder andere in Haus und Garten in eine bessere Ordnung bringen, können wir auch an unseren inneren Menschen denken (an die Seele, sagte man früher). Vieles Vertraute fällt in diesen Wochen weg (halbleeres Glas). Auf der anderen Seite bekomme ich aber auch viel geschenkt (halbvolles Glas). Das große Geschenk ist jetzt die Zeit. Zeit für Spaziergänge im Wald. Mal wieder ein wirklich dickes Buch lesen. Eine Internet-Recherche über das letzte Urlaubsland (zum Vertiefen). Die Festplatte aufräumen. Ein Podcast-Seminar. In der Bibel lesen. Am besten mal in einer neuen Übersetzung (gibt´s alles online). Da stehen auch Sätze wie der, dass Gott die Ewigkeit in das Herz der Menschen gelegt hat (Prediger 3). Ja, es gibt eine große Sehnsucht nach Leben über alles das hinaus, was uns das Leben hier bieten kann. Solche Gedanken und vieles andere, was der Seele gut tut, sind mir in diesen Wochen noch wichtiger, als dass der Keller aufgeräumt wird.
Noch ein Spruch: „My home is my castle” - mein Zuhause ist wie eine Burg. Jetzt, in Corona-Zeiten, müssen wir alle wie die Ritter leben. Zum Glück sind unsere Burgen heute um einiges komfortabler als im Mittelalter. Nicht alles ist schlecht. Das Glas kann auch halbvoll sein. Passen Sie gut auf sich auf!
Ihr Pastor Jürgen Loharens
Ihr Pastor Jürgen Loharens