Das Coronavirus hat unser bis dahin gewohntes Leben gehörig durcheinandergebracht. Der nächste Schritt: Ab dem 27. April werden wir in der Öffentlichkeit alle einen Mundschutz tragen.
Viele haben mir in den letzten Wochen erzählt, wie sie mit der Krise leben. Viele haben nebenbei ihre Wohnung oder ihr Haus aufgeräumt. Die Gartenbesitzer sind im Frühling viel draußen. Manche haben Reparaturen und kleinere Bauprojekte in Angriff genommen. Anderen fehlt dafür noch die Zeit, weil die Kinder zuhause sind und ihr Beruf sie weiterhin fordert. Manche spüren deutlich, dass dieses veränderte Leben sie fordert. Viel Nähe und enges Zusammenleben erfordern eine neue Aufmerksamkeit füreinander. Vielleicht muss manches neu ausgehandelt werden. Regeln können hier hilfreich sein.
Nun hat sich auch der Abt des Klosters Münsterschwarzach und Bestsellerautor Anselm Grün mit einem kleinen Büchlein zu Wort gemeldet: „Quarantäne. Eine Gebrauchsanweisung. So gelingt friedliches Zusammenleben zu Hause“. Tatsächlich: die Mönche haben hier einen klaren Vorteil, leben sie doch schließlich schon seit 1500 Jahren auf engem Raum zusammen. In Anselm Grüns benediktinischer Tradition heißt es: „Ora et labora – Bete und arbeite“. Es ist der Rhythmus von Tun und Nicht-Tun, von Sollen und Lassen, der wichtig ist. Dieser Rhythmus hält das Leben im Gleichgewicht.
Diese Erinnerung an eine alte christliche Tradition finde ich auch im Blick auf unser aktuell verändertes Leben wichtig. Auch wir brauchen Zeiten, in denen wir etwas tun und schaffen – den Hausputz nicht anders als unseren Garten. Genauso braucht es aber auch verabredete Zeiten, die dann jeder für sich gestalten kann – ohne dass ständig andere ankommen und Ansprüche stellen können.
Wann, wenn nicht jetzt, wäre die Zeit, mal in Ruhe ein dickes Buch zu lesen? 2020 ist nicht nur Corona-Jahr – es gibt viele Gedenktage (Bonhoeffer, Fontane, Hölderlin und andere). Warum nicht mal - passend zur Kirchenjahreszeit - die Apostelgeschichte lesen? Himmelfahrt, Pfingsten und die Geschichten von den allerersten Anfängen der Kirche? Lukas schreibt sehr lebendig. Und Zeit hätten wir doch.
Heute, wo ich dies schreibe, wissen wir noch nicht, wann wir wieder Gottesdienste in unseren Kirchen feiern können. Wir können uns in diesen Wochen aber in jedem Fall achtsam um uns selbst kümmern. Im Tun und im Lassen. Damit unsere Seele wieder ins Gleichgewicht kommt.
Mit diesen Gedanken grüßt Sie
Ihr Pastor Jürgen Loharens