„Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum Herrn;
denn wenn´s ihr wohlgeht, so geht´s euch auch wohl.“ (Jeremia 29,7)
denn wenn´s ihr wohlgeht, so geht´s euch auch wohl.“ (Jeremia 29,7)
Liebe Leserinnen und Leser!
Auf dieses Jahr 2020 werden wir später wahrscheinlich zurückschauen und uns erinnern an das Jahr, in dem wir vor allem auf uns selbst zurückgeworfen wurden. Ein bisschen wie in „Kevin allein zu Haus“. Seit dem Frühjahr fokussierte sich alles auf Wohnung und Haus, Garten und individuelle Hobbys. Das meiste von dem, was wir in Gemeinschaft mit anderen gemacht haben, ist von einem Tag auf den anderen nicht mehr möglich gewesen. In der ersten Zeit haben wir alle das Beste draus gemacht. Viele haben zuhause gründlich aufgeräumt, nicht wenige haben etwas gebaut.
Der Monatsspruch für den Oktober aus Jeremia 29,7 lenkt unseren Blick wieder auf das größere Ganze. Ohne die anderen, ohne die Gesellschaft können wir nicht sein. Schon die alten Griechen begriffen den Menschen vor allem als „politisches Wesen“. Der Mensch ist nur Mensch, wenn er mit anderen zusammen agiert.
Nun ist das Verrückte an dieser Corona-Pandemie ja, dass wir auf die anderen achten, indem wir jeden unnötigen Kontakt vermeiden. Unser Interesse am Wohlergehen der anderen können wir nur durch offenkundiges Desinteresse zeigen. Dass das nicht unbegrenzt lange gut gehen kann, hat der August gezeigt, wo viele endlich einmal wieder andere treffen und gemeinsam unbeschwert feiern wollten. So wie früher halt. Aber das Virus macht keine Pause. Auch das Virus feiert mit.
Jeremia schrieb seinen Satz in einer besonderen Situation. Jerusalem lag in Schutt und Asche. Die Stadt war erobert worden, viele aus der Oberschicht sind nach Babylon verschleppt worden. Der Prophet ruft sie brieflich dazu auf, nicht einer Vergangenheit nachzutrauern, die unwiderruflich vorbei ist. Er mutet den Verschleppten zu, dass sie sich an die neuen Lebensumstände in Babylon anpassen können. Und er meint hier allen Ernstes die Hauptstadt der Feinde Israels! Und sagt außerdem noch, dass sie für die, die ihrem Heimatland den Garaus gemacht haben, beten sollen. Das ist ziemlich viel verlangt und dürfte auch vielen nicht geschmeckt haben. Aber die Geschichte hat Jeremia Recht gegeben. Über viele Jahrhunderte hat es in Babylon eine jüdische Kolonie gegeben, in der es zu einer ganz eigenen geistigen Blüte kam.
Was das mit mir zu tun haben kann? Jeremia erinnert mich daran, dass auch ich nicht rückwärtsgewandt leben muss. Auch ich muss nicht jammern, sondern kann versuchen, aus der gegenwärtigen Situation das Beste zu machen. Die anderen gehören dazu. Meine Mitmenschen will ich im Blick behalten. Also rufe ich den einen oder die andere an und frage mal nach, wie es ihnen geht. Ich schließe sie auch in meine Gebete ein. Heute und hier bewusst das Gute in den Blick zu nehmen und bereit zu sein, aus allem das Beste zu machen - Corona hin oder her. Jeremia würde uns gut verstehen.
Mit diesen Gedanken grüßt Sie Ihr
Pastor Jürgen Loharens